Immobilienbranche Lesezeit 4 Min.

Hohe Preise für Baumaterial erschweren Immobiliengeschäfte

Die jüngste Corona-Welle hat das Geschäftsklima im Immobiliensektor spürbar abkühlen lassen. Zwar bewerten die Unternehmen ihre Geschäftslage insgesamt als ziemlich positiv, die Erwartungen für 2022 sind jedoch nicht allzu hoch. Dies liegt vor allem an den Lieferengpässen und den damit verbundenen Preissteigerungen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Das Klima im Immobiliensektor hat sich im vierten Quartal 2021 deutlich eingetrübt, vor allem die Erwartungen für 2022 sind nicht allzu hoch.
  • Die Firmen in den einzelnen Segmenten der Immobilienbranche schätzen ihre Geschäftslage allerdings recht unterschiedlich ein.
  • Zu den größten aktuellen Problemen zählen die Lieferengpässe und der damit einhergehende Anstieg der Baupreise.
Zur detaillierten Fassung

Verglichen mit anderen Wirtschaftszweigen ist die Immobilienbranche in Deutschland bislang verhältnismäßig gut durch die Corona-Pandemie gekommen. Der vom Institut der deutschen Wirtschaft in Kooperation mit dem ZIA – Zentraler Immobilien Ausschuss – erstellte Immobilienstimmungsindex sank mit dem ersten Corona-Schock im Frühjahr 2020 zwar auf den tiefsten Wert seit dem Start im Jahr 2014, blieb aber mit 16,9 Punkten im positiven Bereich.

Der ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex ist im vierten Quartal 2021 deutlich gesunken – das Geschäftsklima in den einzelnen Segmenten der Immobilienbranche ist allerdings sehr unterschiedlich.

Anschließend hellte sich das Immobilienklima wieder stetig auf – bis zum vierten Quartal des zurückliegenden Jahres, als die für viele Unternehmen unerwartet heftige vierte Corona-Welle heranrollte. Die Folge (Grafik):

Mit gut 32 Punkten lag der ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex im vierten Quartal 2021 um fast sieben Punkte unter dem Wert des Vorquartals.

ZIA-IW-Immobilienstimmungsindex im vierten Quartal 2021 - Lagebewertung und Erwartungen der Immobilienunternehmen in Deutschland auf einer Skala von minus 100 bis plus 100 in Punkten Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Während die Firmen ihre Lage im Schnitt mit einem Wert von fast 66 und damit nach wie vor als ausgesprochen gut bewerteten, fiel der Ausblick auf das Jahr 2022 deutlich skeptischer aus:

Der Teilindex für die Erwartungen der Immobilienfirmen erreichte Ende 2021 mit 3,1 Punkten gerade noch einen Wert im positiven Bereich – im dritten Quartal waren es fast elf Punkte.

Der Blick auf die einzelnen Segmente der Immobilienbranche zeigt allerdings ein recht heterogenes Bild:

Bürosektor. Am besten bewerteten zuletzt die Unternehmen des Bürosektors das Klima in ihrer Sparte – der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen ergab im vierten Quartal einen Indexwert von knapp 44 Punkten. Vor allem mit ihrer Geschäftslage sind die Firmen überaus zufrieden. Der Büromarkt profitiert nach wie vor davon, dass Büroflächen an den meisten Standorten der Republik in den zurückliegenden Jahren stark gefragt waren.

Handelsimmobiliensektor. In diesem Bereich stieg der Index im Schlussquartal 2021 entgegen dem Gesamttrend um gut sieben auf 36,4 Punkte. Generell schwankt die Stimmung hier allerdings sehr stark. Zudem sind die Befragten in sehr unterschiedlichem Maße von den Folgen der Corona-Pandemie – wie Insolvenzen und Mietausfällen – betroffen. Und während einige Teile des Einzelhandels schon seit Längerem unter dem Trend zum Online-Shopping leiden, boomen zum Beispiel Baumärkte und Gartencenter. Unterm Strich schätzen die Unternehmen im Handelsimmobiliensektor nicht nur die Lage, sondern auch die weitere Geschäftsentwicklung klar positiv ein.

Wohnungssektor. Dies ist das einzige Immobiliensegment, in dem die Erwartungen der Unternehmen im vierten Quartal unterm Strich mit minus 1,2 Punkten negativ ausfielen. Zwar bleibt die Wohnungsnachfrage voraussichtlich hoch, doch die Branche befürchtet, dass ihr die Politik künftig restriktivere Vorgaben macht, indem zum Beispiel die Energieeffizienzstandards für Neubauten erhöht werden.

Projektentwicklung. Hier hat sich das Klima Ende 2021 besonders stark abgekühlt – der Stimmungsindex fiel gegenüber dem dritten Quartal um mehr als 22 auf nun noch knapp 29 Punkte. Hier wirken sich unter anderem die Verzögerungen durch Lieferengpässe bei Baumaterialien negativ aus. Diese erschweren die Planung, Durchführung und Kalkulation neuer oder bereits laufender Immobilienprojekte.

Diese Probleme werden noch verschärft durch den mit den Lieferengpässen zusammenhängenden Anstieg der Baupreise. Denn der Immobiliensektor wurde vom jüngsten Inflationsschub besonders heftig getroffen:

Im August 2021 lagen die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohnimmobilien um 12,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats — ein höherer Anstieg wurde zuletzt im Jahr 1970 gemessen.

Aber auch die allgemeine Preisentwicklung ist für die Immobilienbranche von Bedeutung – nicht zuletzt, weil die Unternehmen bei einer längerfristig hohen Inflation steigende Zinsen befürchten, was die Projektfinanzierung erschweren könnte.

Immobilienbranche erwartet keine schnelle Rückkehr zur Preisstabilität

Vor diesem Hintergrund wurden die Unternehmen vom IW auch nach ihrer Einschätzung der künftigen Preisentwicklung befragt. Mehr als 95 Prozent der Immobilienfirmen gehen davon aus, dass die Inflationsrate in Deutschland auch 2022 über dem Zielwert der Europäischen Zentralbank von 2 Prozent liegen wird. Die größte Gruppe der Befragten – rund 43 Prozent – erwartet einen Anstieg der Verbraucherpreise um 3 bis 4 Prozent. Insgesamt hält die Branche ein Abflachen der Inflationskurve für wahrscheinlich, sieht aber noch keine Rückkehr zur Preisstabilität.

Dies gilt erst recht für die Preisentwicklung im Bausektor (Grafik):

Gut 45 Prozent der befragten Immobilienunternehmen rechnen für 2022 mit einem Anstieg der Preise im Wohnungsbau um 5 bis 10 Prozent.

So viel Prozent der Immobilienunternehmen in Deutschland erwarten für 2022 einen Anstieg der Preise im Wohnungsbau um ... Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Rund ein Viertel der Firmen erwartet vor dem Hintergrund der bestehenden Lieferengpässe, der hohen Kapazitätsauslastung des Bausektors sowie möglicher Verschärfungen der Bauvorschriften sogar, dass sich die Baupreise ähnlich wie 2021 um 10 bis 15 Prozent erhöhen werden. Lediglich jedes fünfte Unternehmen schätzt, dass die Inflation im Bausektor schon in diesem Jahr auf das moderate Niveau von vor der Corona-Krise zurückkehrt, also unter 5 Prozent liegen wird.

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